Statement

Demokratie braucht Zivilgesellschaft

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Demokratie braucht Zivilgesellschaft  |  © Das NETTZ

Die Kleine Anfrage der CDU/CSU zum Beginn der Amtszeit mit Friedrich Merz als angehenden Bundeskanzler besorgt uns als zivilgesellschaftliche Organisation sehr. Unsere Demokratie braucht eine aktive Zivilgesellschaft. Diese zu schützen, ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Wir kritisieren die Angriffe auf die Zivilgesellschaft und plädieren für mehr Vertrauen und Dialog.                                                                                                 

Seit 2017 setzen wir uns als Vernetzungsstelle für zivilgesellschaftliches Engagement gegen Hass im Netz ein. Wir vernetzen Organisationen, die für demokratische Werte, gegen Rassismus, Antisemitismus, jegliche Form von Diskriminierung und Extremismus arbeiten. Das alles geschieht auf der Basis unseres Grundgesetzes. Wir engagieren uns für konstruktive Diskurse, frei von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dabei ist es uns ein besonderes Anliegen, mit demokratischen Akteuren überparteilich zusammenzuarbeiten. Wir müssen Brücken bauen, statt zu spalten. Deswegen halten wir die Angriffe auf die Zivilgesellschaft zum Beginn der neuen Legislaturperiode der CDU für gefährlich. 

Zivilgesellschaftliche Realitäten

Zivilgesellschaftliches Engagement ist oft kräftezehrend und undankbar. Persönliche Bedrohungen, Beleidigungen und Angriffe unterschiedlicher Art sind ein Teil der Arbeit. 
Der Antrieb zivilgesellschaftlicher Organisationen ist weder Geld noch Macht. Es ist die gesellschaftliche Wirkung. Um unsere Arbeit möglich zu machen, sind Fördermittel und Spenden nötig. Es werden aufwändige Projektanträge geschrieben, Maßnahmen verargumentiert und nach Durchführung evaluiert. Die bereitgestellten Mittel sind projektgebunden, können also nicht frei verwendet werden. Uns sind keine Fälle aus unseren Netzwerken bekannt, in denen Proteste oder Aufrufe zu Demonstrationen durch staatliche Mittel finanziert werden.

Extremismusprävention und Demokratieförderung

Förderprogramme wie das in der Kleinen Anfrage genannte „Demokratie leben!” existieren, um jeglicher Form von Extremismus, Gewalt und Radikalisierung entgegenzuwirken. Mit dem Bundesprogramm "Demokratie leben!" fördert das Bundesministerium für Familie,  Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unter unterschiedlichen Regierungen seit 2015 zivilgesellschaftliche Projekte, die sich für ein vielfältiges und demokratisches Miteinander und die Arbeit gegen Radikalisierungen und Polarisierungen in der Gesellschaft einsetzen (Website BMFSFJ). Auch der Kabinettsausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde nach dem Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke 2019 unter der letzen CDU-geführten Regierung ins Leben gerufen. Es folgten weitere Beschlüsse und Maßnahmen gegen Hasskriminalität und Rechtsextremismus. 

Dialog statt Misstrauen

Durch Zeitpunkt und Umfang der Kleinen Anfrage (551 Fragen) entsteht der Eindruck, dass die demokratiefördernde Arbeit der Zivilgesellschaft eines der größten Probleme der neuen CDU-Regierung sei. Sie stellt die durch frühere Regierungen ins Leben gerufenen Maßnahmen wie das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ in Frage und setzt damit schlimmstenfalls die aufgebauten Strukturen aufs Spiel. Als Das NETTZ glauben wir fest daran, dass dies nicht im Sinne einer Mehrheit der CDU-Abgeordneten sein kann. Wir wissen, dass es Menschen in der CDU gibt, die eine kritische Zivilgesellschaft schätzen, die Debatten anstößt und auf Missstände hinweist. 

Wir bitten um eine differenzierte Auseinandersetzung mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und ihrer Arbeit – sehr gern im direkten Dialog statt Kleiner Anfragen, die Misstrauen schüren und keinerlei Offenheit oder Interesse an Diskurs suggerieren. Rechtspopulistische Sprache und verschwörungsideologische Erzählungen tragen nicht zu konstruktiven Diskursen bei. Für ein demokratisches Miteinander braucht es jetzt mehr denn je die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen.  


Wir sind dankbar für die breite Solidarität von Stiftungen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Zum Weiterlesen empfehlen wir:

  1. die Stellungnahme des Bundesverbands Deutscher Stiftungen sowie den Offenen Brief der Robert Bosch Stiftung, Rudolf Augstein Stiftung, der Schöpflin Stiftung und der Maecenata Stiftung zur Bedeutung der Zivilgesellschaft für unsere Demokratie und das Recht zu politischen Äußerungen.
  2. Offene Briefe aus von Forschenden und Zivilgesellschaft: Mehr als 1.700 Wissenschaftler*innen und 200 zivilgesellschaftliche Institutionen appellieren an CDU/CSU, die Kooperation aller demokratischen Kräfte zu stärken.
  3. Zivilgesellschaft unter Druck im Deutschlandfunk
  4. Müssen NGOs politisch neutral sein – Hintergrund in der Tagesschau
  5. Keine Demokratie ohne starke Zivilgesellschaft – Gemeinsames Statement zivilgesellschaftlicher Dachverbände

UPDATE: Am 12.03.25 hat die aktuelle Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU auf 83 Seiten geantwortet. Für die Zivilgesellschaft ist es ein wichtiges Zeichen, wenn klargestellt wird, dass der freiheitlich demokratische Verfassungsstaat von „zivilgesellschaftlichem Engagement für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben“ lebe. Zudem habe der Staat selbst die Aufgabe, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten: „Hierzu zählt auch die aktive und passive Förderung bürgerschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Engagements“. Zu dieser Frage gab es immer parteiübergreifenden Konsens und wir wünschen uns sehr, dass das so bleibt. 

Damit zivilgesellschaftliche Organisationen ihrer Arbeit nachgehen können, sind sie auf Spenden angewiesen. 
Hier könnt ihr Das NETTZ unterstützen.

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