Allgemeines

Gastbeitrag 13 Fragen, konstruktive Faktenchecks und positive Psychologie gegen den Hass- Teil 3

Social Media Apps auf Smartphone
Bild: dole777  |  © Unsplash.com

„Manieren machen uns zu Menschen“ – so ein altes englisches Sprichwort. Im Schutz der Anonymität und Unerreichbarkeit des Internets fühlen sich manche Menschen scheinbar nicht mehr an solch triviale Dinge gebunden. Nun habe ich mir die Frage gestellt, wie kann der Journalismus seinen Teil dazu beitragen, dass Menschen weniger Hass im Internet verbreiten. Geht das überhaupt? Oder kommen wir nicht umhin, in Zukunft in allen Kommentarbereichen Moderator*innen einzusetzen? Wie meine Kommilitonin Larissa Glas in ihrem Beitrag hervorhob, können Moderator*innen durchaus helfen eine Netiquette in Kommentarbereichen durchzusetzen. Doch Moderator*innen sind teuer und es ist wohl nur schwer zu leisten, diese überall einzusetzen, wo sie gebraucht werden. 

In Skandinavien und den USA wird eine neue Form des Journalismus vorangetrieben, der sogenannte „konstruktive Journalismus“. Entwickelt hat sich diese Form aus Erkenntnissen der Psychologie und Verhaltenswissenschaft. Demnach werden wir schnell passiv, wenn wir zu viele schlechte Nachrichten lesen. Das heißt, wir verlieren die Hoffnung auf Besserung und dadurch unser Engagement mitzuwirken. Wenn wir jetzt an Hass im Netz denken, können das wohl die meisten von uns nachempfinden. Wie oft stolpert man über  grenzwertige Kommentare? Wie oft reagiert man darauf? Ich muss zugeben, dass ich oft einfach mit einem Kopfschütteln vorbeiscrolle. Man möchte sich gerne den Stress ersparen, selbst ins Kreuzfeuer zu geraten und mal ehrlich, wer hat nicht schon gedacht, dass es sowieso keinen Unterschied macht?

Hasskommentare verängstigen und lähmen

Das bestätigt auch die seit 2016 jährlich durchgeführte Forsa-Umfrage für die Landesanstalt für Medien in NRW. Rund zwei Drittel der Befragten findet 2021, dass es Zeitverschwendung sei, sich mit Hasskommentaren zu befassen. Dieser Wert ist seit Jahren konstant. Auch wenn die Mehrheit der Befragten noch 2019 angab, es nicht in Ordnung zu finden, dass solche Kommentare ignoriert werden - selber aktiv werden wollen nur die Wenigsten. 42 Prozent gibt aktuell an, von Hasskommentaren verängstigt zu sein. Genau hier könnte der konstruktive Journalismus ansetzen. Denn Journalismus, der sich dem Nuancenreichtum verschreibt, schildert die Welt nicht in schwarz und weiß und kann so gute Debatten anstoßen. Jenseits von aufgeheizten Hasstiraden, wo nicht die Eskalation im Vordergrund steht, sondern Kompromisse. „Journalistinnen und Journalisten fungieren in dieser Vorstellung als Mediatorinnen und Mediatoren der gesellschaftlichen Selbstverständigung: Menschen werden nicht nur mit Informationen über Aushandlungsprozesse versorgt, sondern aktiv in Debatten eingebunden“, so formulieren es die Kommunikationswissenschaftler Leif Kramp und Stephan Weichert in einer Veröffentlichung der Otto-Brenner-Stiftung

Konstruktiv und investigativ für die Gesellschaft

Beispiele dafür sind unter anderem der NDR-Podcast „Männer-Welt und Frauen-Wirklichkeit“, der die Gleichheit von Mann und Frau fördern möchte oder der Podcast „Mission Klima“ (auch vom NDR), der Lösungen aus der Klimakrise sucht, sowie das konstruktive Online-Magazin „Perspective Daily“. . Auch das bereits vorgestellte gemeinnützige Rechercheteam von „Correctiv“ befürwortet den konstruktiven Journalismus und hält ihn zusammen mit dem investigativen Journalismus für unabdingbar. „Es geht darum, sich auf den Zweck des Journalismus zurückbesinnen. Wir wollen durch kritische und konstruktive Beiträge zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen“, schreibt Correctiv-Geschäftsführer David Schraven in einem Text, der weitere Beispiele für eine konstruktive Berichterstattung im Rahmen der Corona-Pandemie vorstellt. 

Handhabung für die Online-Diskussion

Aber welche konstruktiven Ansätze für das richtige Diskutieren könnte man als Journalist*in den Rezipient*innen vermitteln? Wie wäre es mit Tipps zur Deeskalation von Konflikten? Oder Wissen über die Schweigespirale, die besagt, wenn eine Seite schweigt, die andere Seite an Legitimation gewinnt, und immer stärker wird? Da kann ein Gegenkommentar schon den Unterschied machen. Oder einfach mal ein paar der wichtigsten Paragraphen, die man denen nennen könnte, die sich jenseits der Meinungsfreiheit bewegen. Unter diesen Paragraphen ist sicher schon für viele Fälle von Hassrede der Richtige dabei. Journalist*innen finden mit Sicherheit noch viele andere konstruktive Möglichkeiten für die Rezipient*innen, ganz niedrigschwellig gegen Hass und Hetze vorzugehen. Lasst uns alle konstruktiv an die Sache ran gehen. Wir schaffen das. Wir werden lernen, im Internet Manieren zu zeigen. Ich glaube fest an uns.

Zum Autor: Ulli Kuhn (25) ist Journalistik-Student im dritten Semester. Der angehende Journalist möchte Menschen dafür begeistern, die Zukunft mitzugestalten, egal in welchen Bereichen. Wichtige Themen sind für ihn deshalb Geschichte, Wissenschaft und gesellschaftliche Entwicklung. Sein Motto: „Lerne über die Geschichte und verstehe die Gegenwart, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten.“ Der Text entstand im Rahmen des Kurses „Spezielle Themen im Journalismus“ im Journalistik-Studiengang der Hochschule Macromedia.

Kursleitung, Redaktion und Redigat: Christine Siefer.

Foto: Ulli Kuhn (privat)
Autor*in

Ulli Kuhn

Student der Journalistik

zum Newsletter
Newsletter-icon

Du willst zum Thema "Hass im Netz"
auf dem Laufenden bleiben?

Dann abonniere unseren
DAS NETTZ-Newsletter.