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Guide to #DSA: Was der Digital Services Act verspricht

Handy mit bunten Bokehs
© Foto von Rodion Kutsaiev auf Unsplash

Das Digitale-Dienste-Gesetz ist da. Damit kann der Digital Services Act, die EU-weite Verordnung für digitale Dienste, nun auch auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Das Gesetz soll die Rechte von europäischen Nutzer*innen im Internet besser schützen und dazu beitragen, dass effektiver auf Falschinformation und rechtswidrige Inhalte auf Plattformen reagiert werden kann. Aber welche Verbesserungen verspricht das Gesetz tatsächlich?
 

Lange wurde er erwartet, der 17. Februar 2024 – seitdem ist der Digital Services Act (DSA), die EU-weite Verordnung für digitale Dienste, vollständig in Kraft getreten. Am 21. März 2024, knapp einen Monat später, stimmte der Bundestag nun für die nationale Umsetzung des DSA, das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG).

Konkret betrifft das Gesetz Internetprovider, Hostinganbieter, Cloud-Dienste, soziale Netzwerke, Messengerdienste und Onlinemarktplätze. Ein erster Schritt für den besseren Schutz von Internetnutzer*innenrechten in der Europäischen Union ist damit getan. 

Was soll der DSA bewirken?

Der bereits seit Februar geltende DSA soll europaweit einheitliche Regeln für das Entfernen und Einschränken von Online-Inhalten einführen, die gegen rechtswidrige und plattforminterne Richtlinien verstoßen. Zudem müssen die Betreiber proaktiv deren Entstehungs- und Verbreitungsrisiko abmildern, aber auch transparent begründen, wie ihre Inhalte moderiert werden.

Bereits seit dem 25. August 2023 gilt der europäische Rechtsakt für sehr große Online-Plattformen Very Large Online Platforms, VLOPs) und Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines, VLOSEs), die mehr als 45 Millionen monatliche Nutzer*innen in der EU haben. Darunter fallen zum Beispiel alle bekannten sozialen Netzwerke, Google Search, Microsoft Bing, aber auch Online-Versandhändler (Zalando, Amazon), Reiseportale (Booking.com) und Pornoplattformen (Pornhub). 

Welche konkreten Verbesserungen aber verspricht der DSA für Nutzer*innen?

1. Der DSA bietet Nutzer*innen neue Möglichkeiten, besser zu verstehen, wie Plattformen und Online-Dienste funktionieren. 

So müssen Plattformen unter anderem verpflichtend über algorithmische Empfehlungssysteme in ihren AGB informieren und mindestens eine Empfehlungssystem- oder Feed-Alternative bereitstellen, die nicht auf Profiling basiert. Einige Plattformen haben das schon umgesetzt. Nutzer*innen können sich zum Beispiel empfohlene Inhalte im Facebook- oder TikTok-Feed in umgekehrter chronologischer Reihenfolge anzeigen lassen. Wichtig: Das ist eine aktive Opt-Out-Entscheidung der Nutzer*innen, keine Standardeinstellung der Plattform.

2. Der DSA soll mehr Klarheit bei Moderationspraxen schaffen. 

Ein erstes Mittel ist neben den jährlichen Transparenzberichten der Plattformen die öffentlich einsehbare Tranzparenzdatenbank der Europäischen Kommission für VLOPs und VLOSEs. So können sehr große Plattformen auch untereinander verglichen werden. Wenn Plattformen zum Beispiel Konten sperren oder Inhalte herabstufen bzw. entfernen, die rechtswidrig sind oder gegen Plattformrichtlinien verstoßen, müssen sie den entsprechenden Nutzer*innen detaillierte Erklärungen dafür geben. Nutzer*innen können diese Entscheidung, falls das interne Beschwerdesystem nicht ausreicht, auch über einen neuen außergerichtlichen Streitbeilegungsmechanismus anfechten. 

Plattformen müssen außerdem Risikofaktoren auf ihren Plattformen analysieren und Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen, um unter anderem die Verbreitung von Desinformation und die nicht authentische Nutzung ihrer Dienste zu verhindern. Schon jetzt gibt es aber Verbesserungsbedarf: Bis jetzt gibt es noch keine klaren Standards für die Transparenzberichte, die Plattformen einreichen müssen - und inhaltliche Kategorisierungen sind nicht unbedingt trennscharf. So werden zum Beispiel “illegale Äußerungen” mit “schädlichen Äußerungen” in einen Topf gesteckt. 

3. Nutzer*innen haben durch den DSA mehr Rechte, um sich gegen Onlineplattformen oder auch gegen andere Nutzer*innen wehren zu können

Mit dem DSA soll es einheitliche Melde- und Abhilfeverfahren für Beiträge auf Plattformen, eine leicht zugängliche Kontaktstelle für Nutzer*innen und einfach auffindbare und benutzerfreundliche Beschwerdemöglichkeiten geben. Rechtswidrige Inhalte können so von User*innen gemeldet werden, um Plattformen auf Regelverstöße unter dem DSA hinzuweisen. Diese müssen dann von Plattformen bearbeitet werden. Das Digitale-Dienste-Gesetz, die nationale Umsetzung des DSA in Deutschland, sieht vor, dass die Wege, über die Nutzer*innen Beschwerden gegen Plattformen einreichen können, nutzerfreundlich und leicht zugänglich sind. 

Hier eine Übersicht an Meldemöglichkeiten auf unterschiedlichen Plattformen:

Facebook und Instagram
TikTok
YouTube
X
Telegram

4. Mit dem DSA gibt es klare Regelungen für den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten. 

Inhalte, die nach nationalem Recht illegal sind, müssen von Plattformen unverzüglich gelöscht werden. Der DSA selbst enthält keine Definition von illegalen Inhalten, setzt aber einen Rahmen für die Meldung von und den Umgang mit Inhalten. Mit den nationalen Koordinierungsbehörden (DSCs) gibt es in jedem EU-Mitgliedsstaat zentrale Anlaufstellen, um Nutzer*innenbeschwerden anzunehmen, zu kategorisieren, an andere zuständige Behörden auszulagern oder an die irische Koordinierungsbehörde, die für alle gängigen VLOPs und VLOSEs mit Sitz in Irland zuständig ist, weiterzuleiten. DSCs können ein Beschwerdeverfahren von Nutzer*innen begleiten, wenn zum Beispiel Plattformen nicht angemessen auf Beschwerden zu illegalen Inhalten oder Desinformation reagieren. Die designierte nationale Koordinierungs- und Aufsichtsbehörde in Deutschland, die Bundesnetzagentur (BNtzA), wird diese Rolle einnehmen. Wichtig: Die BNtzA kann rechtswidrige Inhalte nicht selbst löschen.  

5. Forscher*innen sollen durch den DSA besseren Zugang zu Plattformdaten erhalten. 

Plattformen müssen Forscher*innen Zugang zu öffentlich zugänglichen Daten gewähren; bis jetzt gibt es beim öffentlichen Datenzugang noch fatale Verzögerungen. Später soll ein spezieller Mechanismus für überprüfte Forschende (“vetted researcher”) eingerichtet werden. Ein delegierter Rechtsakt soll hier 2024 Klarheit bringen. Die Bedingung: Forschungsfragen müssen sich auf Daten in der EU und auf “systemische Risiken” beziehen, einschließlich die Verbreitung illegaler Inhalte, geschlechtsspezifische Gewalt oder die Auswirkung auf den Schutz von Minderjährigen und demokratische Prozesse. 

Hier eine Übersicht an Datenzugangsformularen nach Artikel 40(12) des DSA:

→ TikTok Researcher API
→ Meta Content Library
→ X/Twitter
→ YouTube

Fazit

Der DSA stellt sehr hohe Anforderungen an die Zivilgesellschaft und koppelt ihre Beteiligung an den Erfolg des Rechtsaktes. Das ist einerseits willkommen und notwendig, andererseits birgt es jedoch das Risiko, die Durchsetzung eines EU-weiten Gesetzes an unterfinanzierte Einrichtungen auszulagern. In unseren nächsten Blogeinträgen schauen wir uns an, welche Rolle der DSA der Zivilgesellschaft einräumt.

 

Foto Lena-Maria Böswald
Autor*in

Lena-Maria Böswald

(sie/ihr) Advocacy Managerin

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