Forschung

Neue bundesweite Studie: Jede zweite Person zieht sich wegen Hass im Netz zurück

Pressekonferenz zum Thema "Lauter Hass – leiser Rückzug"
Foto: Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz I Pressekonferenz zum Thema "Lauter Hass – leiser Rückzug"  |  © Stefanie Loos

Am 13.02.2024 stellten wir auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und den neuen deutschen Medienmacher*innen unsere neue Studie “Lauter Hass - leiser Rückzug” zu Hass im Netz vor. 

Unsere Studie ist die umfangreichste repräsentative Studie zu Betroffenheit und Folgen von Hass im Netz seit 2019. Sie analysiert Erfahrungen deutscher Internet-Nutzer*innen und liefert aktuelle Zahlen und Fakten zu Hass im Netz. Befragt wurden mehr als 3.000 Internetnutzer*innen in Deutschland ab 16 Jahren.

Die gemeinsame Pressekonferenz stieß auf viel Anklang. Moderiert wurde sie von der Journalistin Nadine Hadad, die zunächst Statements von Betroffenen von Hass im Netz verlaß, die die Zahlen und Statistiken hinter der Studie greifbarer machten.

Foto: Das NETTZ I Familienministerin Lisa Paus bei der Pressekonferenz zur Studie
Foto: Das NETTZ I Familienministerin Lisa Paus bei der Pressekonferenz zur Studie  |  © Stefanie Loos

Lisa Paus, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hielt eine Eröffnungsrede, bevor die Geschäftsführungen der herausgebenden Organisationen die Studie vorstellten. 

Lisa Paus zu den in Berlin vorgestellten Ergebnissen:

“Ob toxische Kommentare, Drohungen, beängstigende Kampagnen: Hass im Netz ist allgegenwärtig. Viele Menschen sind davon abgestoßen oder eingeschüchtert, halten sich zurück oder schweigen. Das gibt denen Raum, die laut und aggressiv sind. Es bedroht unsere Demokratie. Wir können gemeinsam etwas dagegen unternehmen. Das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz führt Wissen und Erfahrung zusammen: Beratungsangebote für Betroffene, Unterstützung beim Schutz vor Cyberkriminalität und digitaler Gewalt oder Know-How für Debattenkultur im Netz – an vielen Stellen geht das Netzwerk gegen die Verrohung im digitalen Raum vor. Wir brauchen Weitsicht und passgenaue Maßnahmen, um Hass im Netz entgegenzutreten und einen respektvollen Austausch im Internet zu ermöglichen.”
Lisa Paus
Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Foto: Das NETTZ I Hanna Gleiß bei der Pressekonferenz zur Studie
Foto: Das NETTZ I Hanna Gleiß bei der Pressekonferenz zur Studie  |  © Stefanie Loos

Hanna Gleiß, Co-Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Das NETTZ betont bei der Vorstellung der Studie:

“Unsere Studie beweist: Hass im Netz hat eine eindeutig misogyne, frauenfeindliche Dimension. Fast jede zweite junge Frau hat schon ungefragt ein Nacktfoto im Internet zugeschickt bekommen und jede fünfte Frau wurde im Internet sexuell belästigt. Wir sehen also, dass diese Zahlen deutlich extremer sind als die Zahlen der Gesamtbefragten. Unsere Studie zeigt: Hass im Netz ist Alltag. Wir laufen Gefahr, dass eine ganze Generation dies als Normalität begreift. Hass im Netz ist ein gesellschaftliches Problem und das können und wollen wir so nicht hinnehmen."
Hanna Gleiß
Co-Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Das NETTZ

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
 

  • Hass im Netz kann alle treffen. Aber nicht alle gleich. Fast jede zweite Person (49 %) wurde schon einmal online beleidigt. Ein Viertel (25 %) der Befragten wurde mit körperlicher Gewalt und 13 % mit sexualisierter Gewalt konfrontiert. Besonders häufig betroffen sind nach eigenen Angaben Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund (30 %), junge Frauen (30 %) und Menschen mit homosexueller (28 %) oder bisexueller (36 %) Orientierung. Fast jede zweite junge Frau (42 %) erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto. 

  • Hass im Netz führt zum Rückzug aus demokratischen Diskursen. Mehr als die Hälfte der Befragten bekennt sich aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung (57 %), beteiligt sich seltener an Diskussionen (55 %) und formuliert Beiträge bewusst vorsichtiger (53 %). 82 % der Befragten fürchten, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährdet. Mehr als drei Viertel (76 %) sind besorgt, dass durch Hass im Netz auch die Gewalt im Alltag zunimmt. Der Großteil (89 %) stimmt zu, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat. Nur 5 % hat schon einmal Hass gegen sich selbst bei der Polizei angezeigt. 
  • Plattformen müssen Verantwortung für Hass im Netz tragen. 86 % der Befragten finden, dass Social-Media-Plattformen mehr Verantwortung übernehmen müssen. 79 % stimmen der Aussage zu, dass diese Plattformen auch finanzielle Verantwortung für die durch Hass im Netz entstehenden gesellschaftlichen Schäden tragen sollten. 


Eine ausführlichere Übersicht, sowie die komplette Studie zum herunterladen findet Ihr auf der offiziellen Website “Lauter Hass - leiser Rückzug”.


Über das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz: 

Die neue Studie zu Hass im Netz wird von den Organisationen Das NETTZ, der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, HateAid und den Neuen deutschen Medienmacher*innen als Teil des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz herausgegeben. 

Die wissenschaftliche Umsetzung erfolgte durch die pollytix strategic research GmbH. Das Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz ist ein Zusammenschluss von fünf Organisationen, die sich gegen Hassrede und Gewalt im digitalen Raum engagieren. Das Kompetenznetzwerk informiert als zentrale Anlaufstelle alle, die beim Thema Hass im Netz Orientierung brauchen, Hilfe suchen, sich engagieren, darüber berichten oder sich weiterbilden wollen. 

Das Kompetenznetzwerk wird gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Bundesprogramm „Demokratie leben!“, der Robert Bosch Stiftung und der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ, des BAFzA oder anderer Förderpartner*innen dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autor*innen die Verantwortung. 
Für weitere Informationen besuchen Sie die Webseite.

Aufzeichnung der Pressekonferenz zur Studienvorstellung

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Foto Emine Aslan
Autor*in

Emine Aslan

(-/-) Online-Redakteur*in

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