Statement

NetzDG auf dem Prüfstand: Politische und juristische Lage

NETZDG IN KÜRZE
Der Bundestag verabschiedete das NetzDG am 30.06.2017. Bis Ende 2017 galt eine Übergangsfrist. Seit Januar 2018 gilt das Gesetz vollumfänglich. Hintergrund: Die Betreiber*innen der großen Internet-Plattformen, allen voran Facebook, sind nach dem Telemediengesetz schon lange verpflichtet, alle ihnen gemeldeten rechtswidrigen Inhalte zu löschen. Problem: Es passierte kaum. Die Internet-Plattformen haben zudem eigene juristisch verbindlichen Standards, die sogar recht weitgehend sind. Allerdings wurden auch diese in der Praxis häufig zu wenig ernst genommen. Deshalb wurden die Rufe nach einer politischen Regulierung immer stärker. Durch das NetzDG sind die Unternehmen nun gezwungen, sich an deutsches Recht zu halten.

Das NetzDG „zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ adressiert Plattformen, die mehr als zwei Millionen Nutzer*innen haben. Sie müssen Hinweise auf strafbare Inhalte sehr schnell bearbeiten und gegebenenfalls löschen. Außerdem müssen die Internetgiganten ein transparentes, funktionierendes und immer erreichbares Verfahren entwickeln, damit die Nutzer*innen schnell und möglichst simpel Beschwerden einreichen können.

“Offensichtlich rechtswidrige” Inhalte müssen binnen max. 24 Stunden, nachdem sie gemeldet wurden, gelöscht werden. Bei Inhalten, die nicht strafrechtlich eindeutig sind und intensiver geprüft werden müssen, gilt eine Frist von max. sieben Tagen. In Ausnahmefällen sind auch längere Fristen möglich. Bei Nichteinhaltung hat sich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz saftige Strafen überlegt: Es drohen Bußgelder bis zu 50 Millionen Euro.

Die Haltungen der politischen Parteien zum NetzDG

Das Gesetz kam schnell und für viele unerwartet und wurde dafür schon viel kritisiert. Die regierende Große Koalition möchte das heiße Eisen ungern anfassen. Der erste Satz einer Pressemitteilung der SPD lautet: “Die ersten Berichte über den Umgang mit Beschwerden nach dem NetzDG zeigen, dass das Gesetz wirkt und ein Schritt in die richtige Richtung war.” Mit dem ähnlichen Titel "Netzwerkdurchsetzungsgesetz wirkt" äußert sich die CDU in die gleiche Richtung. Im Koalitionsvertrag heißt es:

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist ein richtiger und wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Hasskriminalität und strafbaren Äußerungen in sozialen Netzwerken. Wir werden auch weiterhin den Schutz der Meinungsfreiheit sowie der Persönlichkeitsrechte der Opfer von Hasskriminalität und strafbaren Äußerungen sicherstellen. Die Berichte, zu denen die Plattformbetreiber verpflichtet sind, werden wir sorgfältig auswerten und zum Anlass nehmen, um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln.
Koalitionsvertrag
S. 131

Die FDP stuft das Gesetz für verfassungswidrig ein. Manuel Höferlin und Jimmy Schulz, beide FDP-Politiker, haben vor dem Verwaltungsgericht Köln geklagt, mit dem Ziel, dass das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt und von diesem gekippt wird. Ob dies realistisch ist, zweifeln viele Beobachter*innen an. Einen eigenen Gesetzesantrag hat die FDP nicht eingebracht. 

Die AfD hat einen “Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung” des NetzDG eingereicht (20.11.17, Drucksache 19/81). Begründung: “Aufgrund der mit dem NetzDG ermöglichten pauschalen und undifferenzierten Beschränkung der Meinungsfreiheit ist von der rechtlichen Konzeption insgesamt Abstand zu nehmen, weshalb nur die Aufhebung des Gesetzes eine praktikable Lösung darstellt, um eine freiheitliche Meinungsäußerung in den sozialen Netzwerken umgehend wieder zu ermöglichen.”

 

Die Fraktion Die Linke lehnt den Großteil des Gesetzes ab und fordert eine Teilaufhebung des NetzDG (11.12.17, Drucksache 19/218). Folgendes soll jedoch behalten werden: “Erhalten bleiben die Regelungen, deren Sinnhaftigkeit oder jedenfalls Unschädlichkeit unstrittig ist. Dazu zählen insbesondere die Verpflichtung zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten, die grundsätzliche Verpflichtung, ein zugängliches Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden anzubieten und ein Verfahren zum Umgang damit vorzuhalten, sowie ein verpflichtendes Berichtswesen über diese Verfahren. Einer weiterführenden gründlichen Debatte über den Umgang mit strafbaren Inhalten im Netz, hetzerischen und diskriminierenden Äußerungen und der Verbreitung von Falschinformationen, auch in Hinblick auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf, wird dabei ausdrücklich nicht vorgegriffen.” 

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht erheblichen Reformbedarf und hat den Antrag “Netzwerkdurchsetzungsgesetz weiterentwickeln – Nutzerrechte stärken, Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sicherstellen” (22.11.18, Drucksache 19/5950), welcher mit 12 Seiten am ausführlichsten ist, eingebracht.

Im Ausschuss des Bundestags Recht und Verbraucherschutz findet am 15. Mai 2019 eine öffentliche Anhörung zum NetzDG statt. Die politische Debatte geht also weiter. 

Für eine starke zivilgesellschaftliche Stimme bei der Evaluierung des NetzDG 

Bei der Evaluierung des NetzDG ist eine Einbeziehung von Stimmen aus der Zivilgesellschaft und von den Betroffenen essentiell. Aktuell finden sich jedoch nur wenige zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die sich zum NetzDG und seinen Auswirkungen öffentlich äußern. Alle, die von Hassrede im Netz betroffen sind und sich für eine konstruktive Netzkultur einsetzen, sollten ihre Erfahrungen und Bedarfe einbringen. 

Das BMJV (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz) lädt ausgewählte Gäste zu “Zukunftsdialogen” ein. In diesem Format diskutieren Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, Repräsentant*innen der Plattformen und Beschwerdestellen mit Staatssekretär Billen sowie weiteren Mitarbeiter*innen des BMJV und des BfJ (Bundesamt für Justiz) und bringen Empfehlungen für Nachbesserungen sowie weitere wirksame Maßnahmen im Kampf gegen Hate Speech und Fake News ein. Die Zukunftsdialoge sind thematisch aufgeteilt und Das NETTZ hatte die Möglichkeit, Empfehlungen beim „Zukunftsdialog Soziale Netzwerke” am 14. März 2019 einzubringen. 

Nettz
Zukunftsdialog Soziale Netzwerke im BMJV  |  © Foto: Das NETTZ

Mehr Verantwortung und Transparenz der Plattformen durch NetzDG 

Seit Einführung des NetzDG sind Verantwortung und Transparenz seitens der Plattformen gezwungenermaßen gestiegen. Vertreter*innen des BMJV und Anwält*innen bestätigen, dass die Bereitschaft mit Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten seitens der großen Plattformen spürbar zugenommen hat. Für die Ermittlung von Täter*innen gibt es jetzt strengere Vorschriften. Alle geben sich Mühe die Vorgaben umzusetzen, denn hohe Bußstrafen drohen bei systematischem Versagen. Für Facebook ist dies aufgrund der Größe und des Budgets einfacher als für Twitter. Verantwortung und Transparenz kosten Ressourcen, könnten jedoch auch das Vertrauen erhöhen. 

Auch die eigenen Regeln (bei Facebook heißen sie “Community Standards”, bei Google “Community Guidelines, bei Twitter “Policies”) werden strenger eingehalten seit Einführung des NetzDG. Alle vom NetzDG betroffenen Plattformen prüfen einkommende Beschwerden, die sich auf das NetzDG beziehen, zuerst nach ihren eigenen Standards. Wenn gemeldete Inhalte diesen widersprechen, werden die Inhalte international von der Plattform entfernt. Wenn Inhalte gegen deutsches Recht verstoßen, jedoch mit eigenen Standards vereinbar sind, werden sie nur auf den Seiten in Deutschland gesperrt. 

Das NetzDG sieht Berichtspflichten für Netzwerke vor, die pro Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über illegale Inhalte erhalten. Es muss kommuniziert werden ob gemeldete Inhalte gelöscht werden oder nicht. Alle vom NetzDG betroffenen Plattformen haben bis jetzt zweimal Transparenzberichte veröffentlicht. 

Ende Juli 2018 wurden Berichte für den Zeitraum Januar bis Juni 2018 veröffentlicht: Facebook (9 Seiten), Google/Youtube (27 Seiten), Twitter (10 Seiten).

Ende Januar 2019 wurden Berichte für den Zeitraum Juli bis Dezember 2018 veröffentlicht: Facebook (14 Seiten), Google/Youtube (22 Seiten), Twitter (17 Seiten).

Doch vielen geht die Transparenz noch nicht weit genug. Das NetzDG könnte ergänzt werden mit der Verpflichtung, auch zum Umgang mit Beschwerden und zum Löschen von Inhalten, die aufgrund der eigenen Standards passieren detaillierter zu informieren. Mehr Transparenz würde Nutzer*innen helfen ihre Rechte besser zu verstehen. Diese Transparenz kann aber auch dazu führen, dass diejenigen, die die Plattformen nutzen, um problematische Inhalte zu verbreiten, daraus lernen und in Folge dessen die Regeln besser umgehen. 

Erkenntnisse aus den Transparenzberichten der Plattformen 

Die Formulare zur Prüfung nach NetzDG wurden mit dem BMJV abgestimmt. Kern der Prüfung ist die Frage, ob die Meldewege klar genug sind. Nicht bei allen sind diese leicht auffindbar. Möchte man bei Youtube ein Video melden, kann einfach ein Häkchen im Formular gesetzt werden. Bei Facebook ist der Meldevorgang komplizierter und Nutzer*innen müssen konkrete Straftaten in einem gesonderten Formular benennen. Die Vergleichbarkeit der Transparenzberichte ist leider schwierig, da jede Plattform die Berichte anders gestaltet hat. Es wäre sinnvoll hier einheitliche Vorgaben, wie die Berichte aufgebaut sein sollen, einzuführen. 

Bei Facebook kamen in beiden Berichtszeiträumen die Mehrheit der Beschwerden von Einzelpersonen, eine kleinere Anzahl von Beschwerdenstellen. Im ersten Zeitraum sind 886 Beschwerden nach dem NetzDG eingegangen, die sich auf 1.704 Beiträge bezogen. Die drei Straftatbestände, die am häufigsten vorkamen: 460 x Beleidigung, 342 x Verleumdung, 247 x Volksverhetzung. 362 Inhalte wurden in Folge gelöscht oder gesperrt. Gründe waren 114 x Beleidigung, 90 x üble Nachrede, 74 x Volksverhetzung. Im zweiten Zeitraum gab es 500 Beschwerden, die sich auf 1.048 Inhalte bezogen. Die drei am häufigsten genannten Straftatbestände waren: 261 x Beleidigung, 215 x üble Nachrede, 210 x Verleumdung. Insgesamt 369 Inhalte wurden von Facebook gelöscht oder gesperrt, davon 80 x Beleidigung, 54 x Volksverhetzung, 52 x üble Nachrede.

Bei Google waren die große Mehrheit der nach NetzDG gemeldeten Inhalte bereits nach Community Guidelines illegal. In vielen Fällen bringt das NetzDG entsprechend keinen Mehrwert. Das Beschwerdeaufkommen für Inhalte auf YouTube ist enorm: 144.826 von Privatnutzer*innen im ersten, 167.567 im zweiten Zeitraum sowie 69.991 von Beschwerdestellen im ersten und 83.390 im zweiten Zeitraum. Die drei am häufigsten genannten Beschwerdegründe waren: Hassrede/politischer Extremismus (75.892 erster, 83.784 zweiter Zeitraum), Persönlichkeitsverletzung/Beleidigung (45.190 erster, 51.954 zweiter Zeitraum), pornographische Inhalte (27.308 erster, 36.226 zweiter Zeitraum). Die Beschwerdegründe sind nicht immer identisch mit den Löschgründen. Es kann beispielsweise sein, dass ein Inhalt wegen Beleidigung gemeldet wird, letztendlich aber wegen Volksverhetzung gelöscht wird.

Die am meisten vertretenen Löschgründe bei Google nach einer juristischen Prüfung waren die gleichen wie die Beschwerdegründe: Hassrede/politischer Extremismus (24.804 x im ersten, 19.935 x im zweiten Zeitraum gelöscht), Persönlichkeitsverletzung/Beleidigung (11.428 x im ersten, 11.901 x im zweiten Zeitraum gelöscht), pornographische Inhalte (7.338 x im ersten, 9.129 x im zweiten Zeitraum gelöscht). Die Erfolgsquote von Meldungen der Beschwerdestellen ist, wie zu erwarten war, deutlich höher als die von Privatnutzer*innen. Etwa die Hälfte von Beschwerden von YouTube-Privatnutzer*innen innerhalb von sechs Monaten war nicht ernst zu nehmen, sondern wurde von Google als Spam klassifiziert. Das NetzDG Meldeformular wurde teils auch missbraucht, um z.B. unliebsame kritische Kommentare über ein Unternehmen zu melden. Auch das ist eine der Konsequenzen der erhöhten Transparenz und der einfacheren Meldemöglichkeiten. Letztendlich löschte Google im ersten Zeitraum knapp 73 Prozent nicht, etwa 27 Prozent aller gemeldeten Inhalte wurde von Google entfernt, weil sie strafrechtlich relevant waren. Im zweiten Zeitraum wurden über 78 Prozent nicht entfernt. Der Tatbestand der Volksverhetzung wurde zwar häufig gemeldet, ist aber vielfach nach einer juristischen Prüfung nicht erfüllt. Das Bewusstsein für die Problematik Hassrede hat bei den Nutzer*innen zugenommen und die Definition, die beim Melden genutzt wird, ist breiter als die in Deutschland eng definierten Straftatbestände. 

Twitter erreichten im ersten Zeitraum 244.064 Beschwerden von Einzelpersonen nach NetzDG, davon wurden bei 27.112 Meldungen "Maßnahmen ergriffen", also gelöscht oder gesperrt. Im zweiten Zeitraum waren es 236.322 Beschwerden von privaten Nutzer*innen, wovon 22.004 Beiträge gelöscht oder gesperrt wurden. Von Beschwerdestellen kamen im ersten Zeitraum 20.754 Beschwerden, von denen 1.533 strafrechtlich relevant waren. Im zweiten Zeitraum waren es 20.140, von denen 1.161 einer strafrechtlichen Überprüfung standhielten. Die drei häufigsten Beschwerdegründe waren Volksverhetzung (82.095 x erster, 69.791 x zweiter Zeitraum), Beleidigung (75.925 x erster, 80.517 x zweiter Zeitraum), üble Nachrede (16.474 x erster, 17.938 x zweiter Zeitraum). 

Befürchtung von massivem Overblocking wurde nicht bestätigt

Die Befürchtung, dass massives “Overblocking”, also fälschliches Löschen, stattfinden würde, findet in den Transparenzberichten keine Belege. Die Plattformen haben seit Einführung des NetzDG signifikant in Personal und entsprechende Weiterbildungen investiert. Facebook hat weltweit aktuell 30.000 Menschen, die als Content Moderator*innen arbeiten, 2.000 davon in Deutschland. Dennoch passieren natürlich Fehler, hinter jeder Entscheidung steht ein Mensch. Die sehr kurzen Fristen sind im Sinne einer qualitativen juristischen Bewertung von Inhalten nicht hilfreich. Zwar kann in strittigen Fällen die 24-Stunden Frist überschritten werden. Dennoch bedeutet es, dass alle Inhalte, die eine Fristverlängerung erhalten, trotzdem erstmal in kürzester Zeit begutachtet werden müssen. Problematische Einzelfälle sind in der Regel kontroverse Meinungsdelikte. Die Transparenzberichte belegen, dass alle Plattformen fast alle strafrechtlich relevanten Fälle innerhalb von 24 Stunden bearbeitet haben. 

Amnesty International kritisiert, dass Deutschland im Vorfeld des Gesetzes keine umfassende Folgenabschätzung zu den Menschenrechten vorgenommen habe, um eventuelle Einschränkungen der Menschenrechte zu analysieren und wenn nötig zu minimieren. Das BJV argumentiert, dass keine Einschränkung der Meinungsfreiheit bestünde, sondern lediglich eine stärkere Verantwortung der Plattformen, die bestehenden Gesetze auch umzusetzen. In einem funktionierenden Rechtsstaat sind Einschränkungen der Menschenrechte weniger zu befürchten. 

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© Screenshot: https://www.bussgeldkatalog.org/bussgeldbescheid/

Bundesamt für Justiz bereitet erste Klage gegen soziales Netzwerk vor

Die Transparenzberichte sind alle fristgerecht eingegangen, jedoch gab es bisher keine offizielle Stellungnahme seitens des Bundesamt für Justiz (BfJ), welches die Einhaltung des NetzDG überprüft. In persönlichen Gesprächen hieß es, dass dies auch nicht geplant sei, da es sich um ein Bußgeldverfahren handele. 

Am 4.4. wurde bekannt, dass das BfJ in Bonn zum ersten Mal eine Klage gegen ein soziales Netzwerk vorbereite. Begründung: Die Plattform tue zu wenig gegen Hasskommentare und Fake News. Um welche Plattform es sich handelt, wurde nicht verraten. In mindestens 100 Fällen soll das Netzwerk von Nutzer*innen gemeldete strafrechtlich relevante Hasskommentare und Fake News nicht entfernt haben. Durch diese hohe Anzahl läge ein systematischer Verstoß gegen das NetzDG vor, urteilte Heinz-Josef Friehe, Präsident der Bonner Behörde, gegenüber dem WDR am 5.4.2019. 

Das Verfahren wird in voraussichtlich drei bis vier Monaten vor dem Bonner Amtsgericht landen. Durch den Standort des BfJ in Bonn werden die Verfahren gegen soziale Netzwerke auch alle vor dem Bonner Amtsgericht verhandelt werden. Ob es dann aber tatsächlich zu einem Bußgeld gegen das betreffende Netzwerk kommen wird, ist nicht garantiert. Präsident Friehe rechnet mit Verzögerungen des Verfahrens durch Anwält*innen der betroffenen Plattform. Als rechtliche Vorsichtsmaßnahme hatte das BfJ bereits während der Vorbereitung des Bußgeldbescheids das Amtsgericht informiert. Auch ist durchaus möglich, dass verschiedene Richter*innen am Bonner Amtsgericht zu unterschiedlichen Urteilen kommen. Und selbst wenn das Amtsgericht den Bußgeldbescheid zulässt, kann das betroffene Unternehmen noch immer Einspruch einlegen. 

Die Plattformen kritisieren, dass es keine Kommunikation über die Umsetzung des NetzDG mit dem BfJ gäbe. Seit Januar 2018 sind etwa 1.000 Beschwerden beim BfJ eingegangen. Bei Verabschiedung des NetzDG wurde noch mit bis 25.000 Beschwerden gerechnet. Entsprechend viel Personal wurde eingestellt. Nutzer*innen können weiterhin Beschwerden beim BfJ einreichen, wenn Plattformen einen strafbaren Inhalt trotz Meldung nicht löschen. 

Im nächsten Artikel berichten wir über digitale Orte, die für die strategische Verbreitung von Fake News und die Planung von Hasskampagnen verwendet werden und die völlig außerhalb des NetzDG-Radars liegen. Des Weiteren fassen wir Verbesserungsvorschläge zur Weiterentwicklung des NetzDG sowie weitere politischen Empfehlungen zusammen. In der Zwischenzeit findet ihr hier einige der Forderungen an die Justiz und unsere Bilanz der ersten vier Monate vom April 2018. 

Foto Hanna Gleiß
Autor*in

Hanna Gleiß

(sie/ihr) Co-Gründerin / Co-Geschäftsführerin


 

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